Ãœbungen & Wertungen
Allgemeine Informationen
zu den Turnübungen, deren Wertung und Wettkämpfen.
(Wolfgang Pfannemüller, überarbeitet Peer Falkenberg)
aktualisiert am 7.12.15
Für alle, die noch nie etwas mit den Turnübungen im Gerätturnen und deren Wertungssystem bei Wettkämpfen zu tun hatten, folgt nun eine schnelle Zusammenfassung in Form eines "Crash-Kurses". Ich bitte gleichzeitig versierte Kenner des Fachs um Nachsicht, wenn dabei Sonderfälle im Hinblick auf eine Vereinfachung der Beschreibung außen vorgelassen werden mussten.
2015 ist in Hinblick auf das Internationale Deutsche Turnfest 2017 in Berlin vom DTB ein neues Aufgabenbuch herausgegeben worden. Dieses gilt im Hessischen Turnverband erst ab 2016.
Inhalt:
Die Ãœbungen
Die Pflichtübungen in nun neun Leistungsstufen P1 (einfach) bis P9 (schwierig) bilden die Basis einer zu zeigenden Turnübung. Dabei wird mit den neuen Ausschreibungen vom DTB nicht mehr zwischen einer breitensportlich- und einer leistungssportlichorientierten Variante unterschieden. Bei diesen Übungen sind alle Elemente und deren Reihenfolge (bis auf gymnastische Bestandteile bei Gerätturnen weiblich) vorgegeben, es gibt aber neu auch Wahlmöglichkeiten bei einzelnen Elementen. (Videos männlich; Videos weiblich)
Zusätzlich zu den Pflichtübungen gibt es ab einem gewissen Alter Übungen, die nach bestimmten Regeln selbst zusammengestellt werden können. Diese Übungen laufen nun nicht mehr unter der Bezeichnung Kür modifiziert oder kurz KM sondern unter Leistungsklasse oder kurz LK. Es gibt insgesamt nun vier LK-Stufen, LK4 (einfach) bis LK1 (schwierig), statt die bisher drei KM-Stufen. Dabei können die Übung nicht gänzlich wahlfrei aufgebaut werden:
- so ist die Anzahl der bewerteten Elemente pro Gerät mit 5 bis 7 (je nach LK) plus Abgang (außer Sprung: 2 Sprünge) festgelegt,
- gibt es Vorgaben zur Schwierigkeit der Elemente, so sind bei der LK4 noch turnerische Elemente zugelassen (Allgemeingut, nirgendwo aufgelistet), während in den anderen LK-Stufen nur die Elemente des aktuellen CdP ab bestimmter Schwiergkeit und nationale Elemente erlaubt sind,
- zudem wird die Vielseitigkeit einer Übung durch Bonifkation über verschiedene Elementgruppen belohnt.
Die Ausführung der Elemente (wie ein Element auszusehen hat) ist durch die Bewegungshinweise des DTB und den Code de Pointage vorgegeben.
In internationalen Wettkämpfen werden Kürübungen geturnt, die nach den Regeln des FIG (Fédération Internationale de Gymnastique) auf Basis des CdP-Regelwerks (Code de Pointage) bewertet werden. Im CdP sind alle erlaubten Elemente, sowie deren Wertigkeiten aufgeführt. Die Elemente der P- und LK-Übungen sind diesem CdP angelehnt.
Zusätzlich zu den deutschlandweiten Ausschreibungen des DTB-Aufgabenbuches können Landesverbände, Turngaue oder auch einzelne Wettkampfveranstalter geänderte bzw. eigene Ausschreibungen fordern.
Wettkämpfe
Bei den Turn-Wettkämpfen gibt es Einzel- und Mannschaftswettkämpfe. Bei den Mannschaftswettkämpfen treten jeweils vier bis sechs Turner/Innen als Mannschaft auf. Es wird einzeln geturnt und die vier besten Wertungen zum Mannschaftsergebnis addiert. Bei Einzelwettkämpfen turnt jede/r Turner/In für sich.
Auf Gauebene werden meist die Wettkämpfe meist als Vierkämpfe (weibl.: Sprung, Stufenbarren, Balken, Boden; männl.: Boden, Sprung, Parallelbarren, Reck) oder im Gerätturnen männlich auch als Sechskämpfe (Landesqualifikation; Boden, Pauschenpferd, Ringe, Sprung, Parallelbarren, Reck) angeboten. Auf Landes-, Bundes- und Internationaler Ebene gibt es dann auch Gerätteinzelmeisterschaften.
Die Wettkämpfe werden auf verschiedenen organisatorischen Ebenen, z.B. im Turngau, Hessischer Turnverband, ausgerichtet. In jeder dieser Ebenen werden Wettkämpfe ausgeschrieben. Die jeweilige Teilnahme wird in der Regel von der Trainerin empfohlen. Kriterien hierfür sind unter anderem:
- Sammeln von Wettkampf-Erfahrungen
- Objektiv ermittelter Leistungsstand der Turnerin
- Feststellen des eigenen Leistungsstandes in Relation zu anderen Turnerinnen/Vereinen
- Vermittlung von Erfolgserlebnissen
Eine besondere Form von Wettkämpfen (oder auch viel mehr als das) sind die Turnfeste. Diese gibt es auf Gau-, Landes- und Bundesebene. Dort werden Wettkämpfe in mehr als einer Sportart durchgeführt und es gibt auch die Möglichkeit Disziplinen mehrerer Sportarten (Leichtathletik, Gerätturnen, Schwimmen usw.) zu kombinieren. Die Turnfeste auf Landes- und Bundesebene sind meist ein verlängertes Wochenende mit einem umfangreichen Begleitprogramm. So ist das Internationale Deutsche Turnfest mit über 100.000 Mitwirkenden die größte Breitensportveranstaltung der Welt. Das nächste Int. Deutsche Turnfest findet 2017 in Berlin statt.
Das Wertungssystem
Das Punktesystem ist der internationalen Punktevergabe angeglichen. Dabei gibt es zwei Teilnoten. Die D-Note (von 'difficulty' - ehemals A-Note) beschreibt den Schwierigkeitsgrad der Übung; die E-Note (von 'execution' bisher B-Note) die Ausführung. Dabei wird bei der E-Note von 10 Punkten ausgehend mit einer minimalen Schrittweite von 0,1 Punkten abgezogen. Die Abzüge können je nach Fehlergrad 0,1/0,3/0,5 oder 1,0 Punkte betragen.
Die D-Note ist bei den P-Übungen festgelegt. Bei P4 gibt es vier Punkte, bei P5 fünf Punkte und so weiter. Die Gesamtnote ist die Summe aus D- und E-Note und kann somit z.B. bei P6 maximal 16 Punkte betragen.
Eine LK-Übung wird analog mit 10 Punkten für die E-Note festgelegt. Da die D-Note durch die Schwierigkeitsgrade der einzelnen Elemente bestimmt ist, kann diese innerhalb gewisser Grenzen selbst festgelegt werden.
Abzüge
In einer P-Übung sollen altersgerecht bestimmte Elemente gezeigt werden. Für jedes dieser Elemente ist festgelegt, wie viele Punkte ein bestimmtes Element zählt. Vorgegebene Kriterien bestimmen, ob ein Element gültig geturnt wurde. Ist dies nicht der Fall, werden die festgelegten Punkte für das ganze Element (in der Regel je nach Schwierigkeitsgrad zwischen 0,1 und 1,5 Punkten) von der D-Note abgezogen. Teilabzüge gibt es hier nicht.
Da die Elemente der LK-Übung individuell zusammengestellt sind, steht die D-Note erst nach Zeigen der Übung fest. Deshalb ist die Bewertung einer KM-Übung auch aufwändiger, als die einer P-Übung.
Gleichzeitig wird die Ausführung während der gesamten Übung bewertet. Abweichungen vom optimalen Bewegungsablauf führen zu Punktabzügen. Die Summe dieser Abzüge werden von den 10 Punkten der E-Note abgezogen.
Daneben gibt es auch noch neutrale Abzüge, die gesondert abgezogen werden.
Das Ergebnis wird damit wie folgt berechnet:
D-Note |
|
+ |
E-Note |
- |
spezielle/neutrale Abzüge |
|
|
= |
Endnote |
Die Kampfrichter/innen
Bei Wettkämpfen bewerten sogenannte Kampfrichter/innen die Turnübung nach den bereits erwähnten festgelegten Kriterien. Bei kleineren Wettkämpfen bewerten meistens nur zwei Kampfrichter/innen pro Disziplin die Übung; bei Größeren vier bis sechs. Die Kampfrichter/innen müssen nicht nur "...jede Übung präzise, konsequent, schnell, objektiv, gerecht und ethischen Grundlagen entsprechend bewerten"1, sondern auch die Einhaltung der verhältnismäßig strengen Regeln für Turnerin und Trainer während eines Wettkampfs überwachen. Bei Regelwidrigkeiten müssen spezielle Punktabzüge vorgenommen werden. Beispielsweise werden bei Helfen (Anfassen) nicht nur das Element, sondern weitere 1,0 Punkte von der Endnote abgezogen.
Alle Beteiligten
Schließlich ist wie bei jedem intensiver betriebenem "Hobby" der außerordentlich zeitintensive Einsatz aller Beteiligten, den Trainern, den (ehrenamtlichen) Helfern, den Eltern, Verwandten und Freunden und nicht zuletzt natürlich den Turnerinnen zu bewundern, die solche besonderen Leistungen möglich machen.
Referenzen
- Deutscher Turnerbund: Aufgabenbuch Gerätturnen weiblich + männlich, Ausgabe 2015,
- Deutscher Turnerbund: Aufgabenbuch Gerätturnen weiblich + männlich, Ausgabe 2015, S. 19
- http://www.kari-turnen.de/